Was für ein Eindruck! Die Marienglocke von St. Nicolai in Lüneburg. Aus dem Jahr 1491.
Das besondere an meinem Besuch auf dem Turm der St. Nicolai Kirche in Lüneburg war die exklusive Führung durch Uwe Asmussen, der 2009 Vorsitzender des Glockenausschusses zur Beschaffung der Schifferglocke war. Oben im Turm erzählte er, wie die diese 2640 kg schwere Glocke damals in den Turm kam. Da der direkte Weg von unten durch die Orgel versperrt war, musste die Glocke durch eine Seitenöffnung in den Glockenstuhl gebracht werden. Uwe Asmussen erzählte, wie er zur Planung u.a. mit einem Zimmermann vor Ort war. Dieser — einen Kopf größer und mindestens doppelt so breit wie Uwe Asmussen bzw. ich — kletterte behände wie eine Katze durch das Gestühl und kam nach einige Zeit zurück mit den Worten: »Ich weiß, wie wir es machen«
Seitdem habe ich nur noch Kopfkino — wie das wohl ausgesehen haben mag!
Immerhin mussten viele Balken des Glockengestühls entfernt werden, um die Schifferglocke an der großen Marienglocke vorbeizubringen!
Heute hängt die Schifferglocke als dritte Glocke im Gestühl der St. Nicolai Kirche und vervollständigt deren Glocken-Dreiklang. Sie weißt zwei Verzierungen auf, die eine, die sie als Schifferglocke auszeichnet: »St. Nicolai zu Lüneburg — Schifferglocke — Anno 2009« steht dort. Auf der Rückseite steht: »Friede verkünde ihr Geläut« daher wird sie auch als Friedensglocke von St. Nicolai geläutet.
Die Marienglocke gehört zu den Kostbarkeiten der Lüneburger Kirchenglocken. Sie wurde 1491 von dem berühmten flämischen Meister Gerhard van Wou gegossen, aus dessen Hand auch die Gloriosa im Erfurter Dom stammt. Zwei auch von der Gloriosa bekannte Marienreliefs schmücken ihren Mantel. Leider sind diese, seit die Glocke um 90° gedreht wurde, nicht sofort zu erkennen und für mich auch nicht zu fotografieren, weil das Gestühl zu nahe an der Glocke ist. Aber man hat einen Abdruck des Marienreliefs anfertigen lassen und es heute an den Fuß des Glockenstuhls anbringen lassen.
Auf der anderen Seite der Marienglocke hängt die kleinste der 3 Glocken. Sie kam nach dem Zweiten Weltkrieg vom s.g. Glockenfriedhof aus Hamburg von einer aufgegebenen Kirche in Fischhausen/Ostpreußen an die Seite der Marienglocke.
1 Responses
Roswitha Volquardsen
Welch ein toller Eindruck vom Glockengestühl und dazu der interessante Kommentar!
Vielen Dank, Marc
Roswitha